Ein Content-Audit ist ungefähr so aufregend, wie die jährliche Inventur in einer Buchhandlung –Inhalte der eigenen Webseite zu erfassen, einzuordnen und zu bewerten ist ähnlich spannend.
Aber die Daten, die Sie aus einem Content-Audit gewinnen, sind entscheidend für Ihre Content-Strategie.
Ein Content-Audit wird überbewertet, sagen die einen. Ein Content-Audit kann gar nicht gründlich genug sein, sagen die anderen.
Anhänger der ersten Meinung dürften wahrscheinlich in der Überzahl sein. Die Vertreter der zweiten Gruppe, zu denen ich mich zähle, müssen Ihren Standpunkt gut begründen.
Natürlich sind die verschiedenen Content-Audit-Verfahren zeit- und arbeitsaufwendig. Aber die dadurch gewonnenen Daten können viel zum Erfolg eines Projektes beitragen.
Nur wer seine Inhalte vorher kennt, hat die notwendige Grundlage für die Etablierung einer Content-Strategie.
Deshalb hier nun mein Plädoyer für das Content-Audit.
Takeaways
In diesem Artikel erkläre ich,
- was ein Content-Audit eigentlich ist.
- was der Unterschied zwischen einem quantitativen Content-Inventory und einem qualitativen Content-Audit ist.
- was für Analyseverfahren im qualitativen Content-Audit verwenden werden können.
- in welcher Projektphase welche Art von Content-Audit Sinn macht und welche Daten diese für das Projekt liefern.
- wie Sie mit einem Content-Audit die Performance Ihrer veröffentlichten Inhalte messen können.
Was ist ein Content-Audit
Ein Content-Audit ist eine systematische Herangehensweise, in dem Sie ihren vorhandenen Content dokumentieren und anschließend bewerten.
Am Ende haben Sie eine Übersicht über den vorhandenen Content und dessen inhaltlichen Bewertung.
Es gibt zwei Arten eines Content-Audits, das quantitative und das qualitative Content-Audit. Das quantitative Content-Audit wird auch Content-Inventory genannt.
Diese untergliedern sich, je nach Zeitpunkt der Durchführung, in wiederum weitere Content-Audits.
Generell lässt sich festhalten, dass Sie mit einem quantitativen Content-Inventory beginnen, und später das qualitative Content-Audit hinzufügen. Der Übergang zwischen dem quantitativen und qualitativen Content-Audit ist jedoch fließend.
Je gründlicher Sie die Phase „Content-Audit“ durchführen, desto mehr Daten liefert die Phase und umso genauere Aussagen können Sie über den weiteren Projektverlauf bezüglich Kosten und Ressourcen treffen.
Content-Inventory: Das quantitative Content-Audit
Das Content-Inventory hilft Ihnen dabei, einen Überblick über den tatsächlich vorhandenen Content zu bekommen.
Dazu wird zunächst der Content auf einer Website aufgelistet. Das können Sie manuell machen, müssen Sie aber nicht. Dauert ewig. Nutzen Sie stattdessen eine Softwarelösung, beispielsweise das SEO Spider Tool von Screaming Frog.
Das Tool hilft Ihnen dabei, eine Liste aller metrischen Daten zu erstellen, die für ein quantitatives Content-Audit erfasst werden sollten, zum Beispiel:
- Link ID (Nummerierung der Pages)
- Link Name (meist Titel des HTML-Dokuments)
- URL
- Dokumententyp (Produktseite, Kontaktformular, AGB`s, usw…)
- Keywords und Meta Tags
- Ersteller der Page
- Content-Eigentümer
- Datum Inhaltserstellung
- Datum des letzten Updates
- Content-Format
- Fremdsprache
- Ausgehende Links
- Eingehende Links
Zusätzlich können Sie eine erste Bewertung der Inhalte vornehmen, indem Sie in einer zusätzlichen Spalte das weitere Vorgehen (Behalten/Update/Konsolidieren/Löschen) mit dem Content festhält.
- Behalten: Der Content ist in Ordnung und kann so bleiben.
- Update: Der Content ist veraltet und muss neu aufbereitet werden.
- Konsolidieren: Man führt unterschiedlichen Content, der aber inhaltlich das gleiche Thema behandelt, zu einem Content-Format zusammen.
- Löschen: Man löscht den Content.
Das qualitative Content-Audit
Im Anschluss an das Content-Inventory folgt das qualitative Content-Audit.
Die inhaltliche Bewertung des vorhandenen Contents liefert weitere Informationen, mit denen präzisere Aussagen über anfallende Kosten, Ressourcenbedarf und Zeitplan getroffen werden können.
Daten aus dem qualitativen Audit liefern
- einen Überblick über die vorhandenen Content-Formate, aus denen Sie Rückschlüsse ziehen können, welche personellen Ressourcen Sie zur Bearbeitung sowie zur späteren Verwaltung von Inhalten benötigen (z. B. AV-Medien).
- eine Übersicht, welche Optionen Sie mithilfe des Inhalt dem Nutzer zur Information und Interaktion bieten.
- einen Überblick über den anfallenden Arbeitsumfang der späteren Inhaltspflege.
- einen Einblick in die bisherige Qualität der Inhalte und welche Lücken zwischen existierendem Content und dem Unternehmensleitbild bzw. den Kommunikationsbotschaften bestehen.
Qualitative Analyseverfahren im Content-Audit
Sie können behaupten, dass Ihr Content gut ist – Sie müssen es aber auch messbar machen.
Dazu gibt es einige Analyseverfahren, mit denen Sie die Qualität von Inhalten in Zahlen ausdrücken können. Bevor Sie aber eine solche qualitative Analyse durchführen, müssen Sie die Bewertungskriterien für Ihren Content definieren und das Bewertungsverfahren standardisieren.
Nur so ist es sichergestellt, dass es zu vergleichbaren Analyseergebnissen kommt. Besonders wichtig ist dies, wenn Sie mehrere qualitative Content-Audits bei unterschiedlichen Webseiten parallel durchführen.
Margot Bloomstein stellt in ihrem Buch “Content Strategy at Work” dafür zwei Analyse-Verfahren vor:
Inklusive Analyse: Die ARA-Analyse
Die inklusive Analyse bietet sich besonders zu Beginn eines Audit-Verfahrens an.
Mithilfe der ARA-Analyse bekommen Sie einen ersten Überblick, wie viel Arbeit Sie mit der Optimierung des existierenden Content haben. Zweitens können Sie den Begriff “gut” im Zusammenhang mit Inhalten definieren. Dazu wird der Content auf drei Faktoren geprüft:
- Aktuell: Aktualität lässt sich durch verschiedene Faktoren bestimmen. Sind auf der Website veraltete Informationen? Werden Personen vorgestellt, die nicht mehr im Unternehmen sind? Oder werden Termine angekündigt, die bereits verstrichen sind?
- Relevant: Sind die Inhalte auf der Website für den Nutzer relevant? Stehen Informationen zur Verfügung, die mit dem eigentlichen Produkt bzw. Dienstleistung gar nicht im Zusammenhang stehen? Ist das, was der Nutzer auf der Website sieht, in dem Moment seiner Customer Journey aussagekräftig genug?
- Angemessen: Bei dem Faktor “Angemessen” geht es um die Dissonanz zwischen Unternehmensleitbild bzw. Kommunikationsbotschaften und Informationsdarstellung. Das kann z. B. das gewünschte Corporate Image des seriösen Dienstleisters sein, welches durch eine laxe Tonalität der Sprache gestört wird.
Die Inhalte müssen die Content-Vision, die Kommunikations-Botschaften des Unternehmens, in allen Situationen transportieren und diese in einen geeigneten Kontext zueinander setzen.
Mit dem inklusiven Analyseverfahren kann man im ersten Schritt diese Inhalte auf die oben genannten Faktoren untersuchen. Erfüllen die Inhalte alle drei Faktoren, können Sie eine erste Aussage über die Qualität des Inhaltes treffen.
Werden nicht alle Faktoren erfüllt, müssen Sie entscheiden, ob Sie den vorhandenen Content so lassen, ihn aktualisieren oder löschen.
Exklusive Analyse: Die ROT-Analyse
Die exklusive Analyse bietet sich an, wenn Sie Inhalte vor einem Website-Relaunch bewertet und unnötige Arbeit vermeiden wollen.
Dabei wird der Content ebenfalls auf drei Faktoren untersucht.
- Redundant: Bei dem Faktor “Redundant” wird geprüft, ob Inhalte überflüssig sind, d.h. ob sie zusätzliche und ergänzende Informationen liefern oder bestehende Inhalte kopieren. Liefert die Landingpage zum Beispiel einen Überblick über die Hauptthemen oder handelt es sich einfach um duplizierten Inhalt einer anderen Seite?
- Outdated: Ist der dargestellte Inhalt bereits veraltet? Dies deckt sich mit dem Punkt “Aktuell” aus der ARA-Analyse.
- Trivial: Der Faktor “Trivial” erfordert einen Einblick in die Web-Analyse. Existieren Inhalte, die laut der Messzahlen keinen oder kaum Traffic auf sich ziehen?
Die ROT-Analyse empfiehlt sich ebenfalls zu Beginn eines Audit-Verfahrens, auch wieder im Anschluss an die quantitative Analyse.
Sie wird durchgeführt, um im Ausschluss-Verfahren bestehenden Content zu eliminieren und somit den Arbeitsaufwand bei der Migration von Inhalten in ein neues Design und/oder Content-Management-System zu verringern.
Voraussetzung dabei ist, dass im Vorfeld eine klar definierte Liste an Ausschluss-Kriterien erstellt wird, an denen Sie sich beim Content-Audit orientieren können.
Content-Audit: Die Content-Qualitäts-Checkliste nach Ahava Leibtag
Was die bisher vorgestellten Analysen nicht bieten, ist eine tiefergehende Bewertung der Inhalte.
Gilt zum Beispiel ein Content laut eines vordefinierten Kriteriums als veraltet, liefert die ROT-Analyse keine Information darüber, was für ein Inhalt es ist.
Handelt es sich um das Kontaktformular? Oder um einen Artikel, der eine dokumentarische Funktion übernimmt und somit archiviert werden muss und nicht gelöscht werden darf?
Diese Möglichkeiten müssen Sie bei der Erstellung der Ausschlusskriterien berücksichtigen und ggf. einen weiteren Prüfungsprozess vor der Löschung von Inhalten einbauen.
Waren die ARA- und die ROT-Analysen geeignet, um zu Beginn eines Auditverfahrens erste Aussagen über die Projektanforderungen zu treffen sowie den Arbeitsaufwand zu minimieren, wird mit einer Content-Qualitäts-Checkliste eine tiefergehende qualitative Analyse durchgeführt.
Dazu werden wieder bestimmte Faktoren und deren Parameter definiert und durch das Audit untersucht. Folgende Checkliste wurde von Ahava Leibtag (2011) erstellt:
Content-Scorecard: Lassen Sie die Zielgruppe Ihren Content bewerten
Eichmeier und Eck stellen ein Verfahren vor, mit dem die Zielgruppe den vorhandenen Content mithilfe einer Content Scorecard bewertet.
Bisher wurde das Content-Inventory und das Content-Audit sowie die dazugehörigen Analysen aus Perspektive des Unternehmens/Organisation heraus durchgeführt.
In ihrem Buch „Die Content-Revolution im Unternehmen“ stellen Doris Eichmeier und Klaus Eck eine weitere Form des Content-Audits vor: die Content-Scorecard.
Erst legen Sie fest, welche Zielgruppe (oder Anspruchsgruppe) Ihren Content bewerten soll. Dann definieren Sie, welchen Content bewerten werden soll und welche Fragen sie dazu stellen müssen. Anschließend führen Sie die Befragung durch.
Der ausschlaggebende Punkt ist, dass die Zielgruppe ihren Content mithilfe der Content-Scorecard bewertet. Entweder quantitativ (also eine standardisierte Befragung) oder qualitativ (eine offene Befragung).
Nach dem Projekt: Rolling Audit
Rolling Content-Audits werden regelmäßig für bestimmte Bereiche einer Website durchgeführt.
Dabei kann es sich um quantitative und/oder qualitative Audits handeln.
Im Idealfall wurde bei der Schaffung von Arbeitsprozessen ein Verfahren eingeführt, mit dem die Content-Owner regelmäßig Audit-Verfahren nach einem standardisierten Muster durchführen und die Ergebnisse einer zentralen Stelle mitteilen können.
Fazit
Daten aus dem Content-Audit sind zentral. Zum einen, um zu Beginn eines Projektes den Arbeitsumfang sowie benötigte Ressourcen und Zeitbedarf besser einschätzen zu können.
Zum anderen, um aus den gewonnen qualitativen Analyseverfahren Rückschlüsse für die strategische Ausrichtung des Content-Marketing zu ziehen.
Die investierte Zeit und Arbeit zu Beginn einer Content-Strategie, die in der Regel mit dem Content-Audit beginnt, zahlt sich somit bei der späteren Auswertung aus.
Was ist Ihre Meinung zum Content-Audit? Gehören Sie zu der ersten Gruppe, die Content-Audits als überbewertet ansehen? Oder konnte ich Sie mit einem Plädoyer für das Content-Audit überzeugen? Dann schreiben Sie mir unter info(at)babak-zand.de oder hinterlassen Sie einen Kommentar.